Was haben wir in jahrzehntelanger Videospielerei schon alles für Protagonisten erlebt? Klempner, Eichhörnchen, Roboter und zahllose Raumschiffpiloten etwa. Doch Mushroom 11 [App Store] schlägt nicht nur bezüglich der Absurdität der Protagonisten ein neues Kapitel auf. Die Entwickler von Untame (@untamegames) überlassen dem Spieler die Kontrolle über einen zähflüssigen, amorphen grünen Zellklumpen. Allerdings hat dieser – was grundsätzlich nicht verwundert – keine großen Ambitionen, sodass der Spieler ihn schonungslos antreiben muss.
Grundsätzlich handelt es sich bei Mushroom 11 um einen Plattformer. Ziel ist es, den Zellklumpen durch eine weitgehend linear verlaufende postnukleare Landschaft zu bewegen. Diese ist voller scheinbar unüberwindbarer Hindernisse wie Steilwänden und Seen voller Lava. Aber auch die wenigen Bewohner, überwiegend mutierte Insekten, sind störend, weil fast durchweg feindselig gesinnt. Dem Faß die Krone ins Gesicht schlagen die den Ausgang der Spielstufen bewachenden Bossgegner, absonderliche Säure und Feuer speiene Biomutanten. Untermalt wird das düstere Treiben durch atmosphärische Elektronika von The Future Sound of London
Mit einem sogenannten Radiergummi entfernt der Spieler beliebige Teile des Knetklumpens, die fast umgehend an anderer Stelle nachwachsen – doch wo die neuen Zellen wachsen ist Sache des Zufalls. Mit Hilfe des treuen Verbündeten Schwerkraft kann man den amorphen Haufen so in Bewegung versetzen, Abhänge hinunter rollen, durch Spalten zwängen und in Schächten aufsteigen lassen. Mit einem feinen Radiergummi kann man filigrane Chirurgie vornehmen. Selbst teilen kann man den Haufen und so lange nur ein Quäntchen unversehrt bleibt, ist alles im Lot.
Ambitionierte Spieler versuchen, die optisch an Waking Mars erinnernden Spielstufen möglichst flott zu durchlaufen oder alle absorbierebare bunte Flora und Fauna zu internalisieren. Die eigentlichen Herausforderungen sind allerdings die eingestreuten Physik-Puzzle, bei denen man mit den vielfältigen Möglichkeiten der Spielmechanik experimentieren muss – etwa Schalter auslösen, Förderbänder entgegen ihrer Laufrichtung überqueren und mit Fahrstühlen Höhenunterschiede überwinden. Aufgrund der Unverbrauchtheit der Mechanik und der atmosphärischen Umsetzung unterhält das fordernde Mushroom 11 für Stunden vorzüglich und ist einer wenigen Titel, die sich perfekt mit einem Stylus spielen lassen.
Rating:
https://www.youtube.com/watch?v=jn1AGYmWHzo