Test: Playdead’s Inside (Video)


Playdead’s Inside [App Store] beginnt gleichsam unbedarft wie unheilvoll: Ein Knabe schlitter-klettert eine Böschung hinunter, um sich den Weg durch einen düsteren Wald zu bahnen. Ein Menschlein mit eingesunkenen Schultern, das Geborgenheit zu suchen scheint – ein nachvollziehbares aber schwer erreichbares Unterfangen, in einer Welt, die sich als ein dystopischer Ort voller Tödlichkeiten herausstellt. In allen Belangen erinnert der Titel an seinen Vorgänger Limbo – allerdings haben die dänischen Entwickler von Playdead (@Playdead) eine Schippe drauf gelegt, denn Inside übertrifft seinen Vorgänger in allen Belangen.

Was zu tun ist, (hier: überleben) vermittelt Inside mit dem Holzhammer: Tritt der Knabe statt zu schleichen neugierig in Scheinwerfer- oder Taschenlampenlicht, sprintet ein Großgewachsener auf ihn zu und erdrosselt ihn. Bellende Bluthunde nehmen es mit dem Volksmund nicht so genau und zerfleischen den Knaben, wenn er nicht schnell genug flüchtet. Ertrinken, erschlagen, elektrifizieren – die Dänen bemühen die gesamte Klaviatur der Tödlichkeiten. Stets ist das schnelle Ende jedoch so butterweich und kunstvoll animiert, dass es eine Freue ist, dem Knaben beim Ableben zuzusehen.


Im Vordergrund steht – wie in Limbo – das Prinzip von Versuch und Irrtum: laufen, klettern, springen, Kisten schieben, Schalter umlegen und alsbald auch mit Hilfe eines beleuchteten Kopfschmucks Kreaturen steuern, die als seelenlose Handlanger aus ausweglosen Situationen helfen. Situationen in denen es auf Reflexe und Timing ankommt sind selten, stattdessen geht es meist darum, Vorhandenes so miteinander zu verwenden, dass sich Auswege eröffnen – bevor das nächste Hindernis, das sich in den Weg stellt, überwunden werden muss.


Was Limbo zu einem der besten Titel des Jahres macht, sind das Einhergehen von Präsentation und Handlung – wobei letztere wieder wortlos vermittelt wird. Mit jedem Schritt wird die Inside-Welt düsterer und abscheulicher, wenn kindliche Neugier und Überlebenswillen auf widernatürliche Bio-Monstren aus unmenschlichen Versuchslaboren treffen. Der Weg führt immer tiefer in eine farbarme Welt, die der Fortschritt in eine Sackgasse getrieben hat, in der selbst ein Sonnenstrahl Hoffnung verspricht. Die vier Stunden Spielzeit verfliegen.


Technisch haben Playdead ganze Arbeit geleistet: Der Titel ist auf iOS- wie tvOS-Geräten spielbar; der Spielstand gleicht sich zwischen diesen ab, wenngleich nicht immer nahtlos. Nach einem Probespiel kann man den Titel per In-App-Kauf vollumfänglich freischalten – zu einem, im Vergleich mit den nahezu identischen Konsolenversionen – deutlich günstigerem Preis. Das Sounddesign ist makellos, unverständlich jedoch, warum das filmreife Geschehen nicht in Retina-Optik präsentiert, sondern unter einem Schmierfilter versteckt wird. Trotz dieses Makels ein uneingeschränkt empfehlenswertes, schaurig-schönes Abenteuer.

Rating: ★★★★½ 

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https://www.youtube.com/watch?v=lJYmdZYCsig